Die juristische Presseschau vom 21. Februar 2017: Exor­zismus-Pro­zess / Sozialer Wandel / Hoff­nung für Bau­sparer

21.02.2017

Im sogenannten Exorzismus-Prozess erging das Urteil. Außerdem in der Presseschau: Martin Schulz kündigt Korrektur der Agenda 2010 an und vom BGH wird ein Grundsatzurteil zu gekündigten Hochzins-Bausparverträgen erwartet.

Thema des Tages

LG Frankfurt/Main zu Exorzismus: Im Prozess um einen tödlichen "Exorzismus" hat das Landgericht Frankfurt am Main sein Urteil gesprochen. Die Hauptangeklagte, eine 45-jährige Cousine des Opfers, wurde wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen vier weitere mitangeklagte Familienmitglieder wurden Bewährungsstrafen zwischen anderthalb und zwei Jahren verhängt. Der ursprüngliche Vorwurf des gemeinschaftlichen Mordes habe sich nicht bestätigt. Die Angeklagten hätten nicht als "grausame Folterer", sondern aus einer spirituellen Überzeugung gehandelt – im Glauben, ihre 41 Jahre alte Verwandte von einem Dämonen heilen zu können. Die Tat hatte sich am 5. Dezember 2015 im Zimmer eines großen Frankfurter Hotels ereignet: Als die Südkoreanerin mitten in der Nacht begann, Selbstgespräche zu führen und um sich zu schlagen, entschlossen sich ihre Angehörigen zu einem sogenannten Exorzismus. Dabei sollen sie die Frau auf den Boden gedrückt, sie geschlagen und getreten und ihr ein Handtuch sowie einen mit Stoff bezogenen Kleiderbügel in den Mund geschoben haben – woran die Frau schließlich erstickte. Es berichten die SZ (Susanne Höll), die FAZ (Helmut Schwan) und die taz (Christoph Schmidt-Lunau).

Rechtspolitik

EU-Einheitspatent: Auf lto.de erläutern die Rechtsanwälte Tilman Müller-Stoy und Armin Schwitulla das Vorhaben zu einem einheitlichen EU-weiten Patentsystem und gehen darauf ein, warum die Umsetzung durch den Brexit ins Stocken geriet.

Sozialreformen: Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat am Montag auf einer SPD-Arbeitnehmerkonferenz in Bielefeld angekündigt, Teile der Agenda 2010 korrigieren zu wollen. Wie die taz (Barbara Dribbusch) berichtet, wolle er die sachgrundlose Befristung bei Arbeitsverträgen abschaffen und die von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) konzipierte Mindestrente einführen. Heribert Prantl (SZ) hält dies für den Versuch einer Wiedereintrittserklärung der SPD als Partei der kleinen Leute.

Handykontrolle: Nun berichtet auch die BadZ (Christian Rath) über die Pläne des Bundesinnenministeriums, nach denen es dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) künftig möglich sein soll, Handys, Tablets und Laptops von Asyl-Antragstellern auszulesen. Völlig neu sei das nicht. Das Auslesen werde bisher jedoch nur zur Identitätsfeststellung im Rahmen von Abschiebungen praktiziert. In der neuen Regelung gehe es dagegen um das Asylverfahren. Ziel sei es, Fälle aufzudecken, in denen Asylbewerber ihr Herkunftsland falsch angeben, um so ihre Anerkennungschancen zu erhöhen.

"Non legal Outsourcing": Mit einem Gesetzentwurf zur Reform von § 203 Strafgesetzbuch (StGB) soll dem sogenannten "Non legal Outsourcing", also der Inanspruchnahme von IT-Dienstleistungen durch Anwälte, ein rechtlicher Rahmen gegeben werden. Nach Einschätzung des Professors Niko Härting auf lto.de ist das Vorhaben grundsätzlich zu begrüßen. Die Kombination eines weiten Begriffs des "Offenbarens" mit der Anforderung der "Erforderlichkeit" könne jedoch zu einem gewaltigen Bremsklotz für die digitale Zukunft der Anwaltschaft werden.

Stalking: Welche Schwachstellen die unlängst vom Bundesrat beschlossene Änderung des § 238 StGB, durch die Nachstellung vom konkreten Erfolgsdelikt zum abstrakten Gefährdungsdelikt wird, offenbart, erläutert die Rechtsanwältin Yvonne Conzelmann auf lto.de.

Insolvenzanfechtung: Bei der Reform des Insolvenzrechts werden den Finanzämtern und Sozialkassen nun doch keine Sonderrechte eingeräumt, berichtet das HBl (Heinke Anger). Ursprünglich war für das Gesetz, das der Bundestag nun beschlossen hat, eine Regelung vorgesehen, nach der per Zwangsvollstreckung erwirkte Zahlungen vor Insolvenzanfechtung geschützt sein sollten. Private Gläubiger, die sich selbst keinen Titel ausstellen können, sondern den Weg über die Gerichte gehen müssen, wären dadurch benachteiligt gewesen. 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. Februar 2017: Exorzismus-Prozess / Sozialer Wandel / Hoffnung für Bausparer . In: Legal Tribune Online, 21.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22131/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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