Richterin mit 25

"In der Robe ist man Respekts­person"

Interview von Annelie KaufmannLesedauer: 4 Minuten

Lara Winkler hat ihr Studium in acht Semestern durchgezogen, im Referendariat gerne die Sitzungsvertretung bei der Staatsanwaltschaft gemacht – und findet, es ist eigentlich nichts Besonderes, so jung in der Justiz anzufangen.

LTO: Haben Sie damit gerechnet, zu Ihrem Amtsantritt am Amtsgericht Bad Neustadt erstmal verschiedene Interviews geben zu müssen?

Winkler: Hier in Bad Neustadt an der Saale ist es üblich, dass neue Richter am Amtsgericht in der Lokalpresse vorgestellt werden. Aber dass es dann gleich mehrere Interview-Anfragen gibt, anscheinend, weil ich recht jung bin, damit habe ich nicht gerechnet.

Sie sind zuständig für Zivilsachen und Zwangsvollstreckungssachen. Was machen Sie besonders gerne?

Die Verhandlungen sind immer spannend. Ich habe an zwei Tagen – montags und mittwochs – Sitzungen und da passieren oft auch Dinge, die man vorher nicht geahnt hat. Wenn man zum Beispiel einen Nachbarschaftsstreit hat, der schon seit Jahren schwelt, und dann gelingt einem doch noch ein Vergleich - das sind dann positive Überraschungen.

Welche Fälle landen noch bei Ihnen?

Viele Verkehrsunfälle, Mietstreitigkeiten, Kaufsachen – alles, was beim Amtsgericht so eingeht. Das wird nach Eingang sortiert und zugewiesen, wir haben da keine Spezialgebiete. Bei den Zwangsvollstreckungssachen geht es oft um § 802g Zivilprozessordnung (ZPO), also Erzwingungshaft: Wenn ein Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert, kann ein Haftbefehl beantragt werden - und darüber habe ich dann zu entscheiden.

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"Vorbereitung der Verhandlung nicht unterschätzen"

Fühlen Sie sich denn gut vorbereitet?

Es gibt schon ein paar Dinge, die man in der Ausbildung nicht lernt: Wie man einen Hinweis erteilt etwa oder wie man einen Beweisbeschluss schreibt und wie man diesen auch so schreibt, dass der Sachverständige etwas damit anfangen kann – aber da habe ich zum Glück nette Kollegen, die ich fragen kann. Im Referendariat hat man gelernt, wie man ein Urteil schreibt, aber nicht unbedingt, wie man dort hinkommt.

Das Urteil dann zu schreiben ist also kein Problem?

Nein, aber ich glaube, es wird unterschätzt, wieviel Arbeit es ist, die Verhandlung gut vorzubereiten. Man muss den Fall schon durchdrungen haben, damit man auch einen guten Vergleichsvorschlag machen kann und die Parteien sich verstanden fühlen. Das Urteil zu schreiben ist dann nur ein Teil der Arbeit.

"Ich habe nicht nur gelernt, für Partys blieb auch Zeit"

Wie sind Sie denn darauf gekommen, Jura zu studieren?

Für das Jurastudium habe ich mich entschieden, weil man damit viele Möglichkeiten und gute Jobaussichten hat. Und ich habe mich in der Schule schon bei den Streitschlichtern engagiert. Das ist zwar etwas anderes als ein gerichtliches Verfahren, da geht es eher um Mediation. Aber mir hat es damals schon viel Spaß gemacht, zu verhandeln, zu diskutieren und zu schauen, ob man eine gute Lösung findet, mit der alle einverstanden sein können.

Sie haben in Würzburg Jura studiert, nach acht Semestern den Freischuss gemacht und dann gleich das Referendariat am LG Schweinfurt angeschlossen. War es mehr Glück oder ein guter Plan, dass das alles so glatt lief?

Im Jurastudium spielt auch viel Glück mit. In den Klausuren muss eben etwas drankommen, womit man auch was anfangen kann. Ich habe es aber schon so geplant, dass ich möglichst schnell alle Scheine mache und dann noch genug Zeit habe, für das Examen zu lernen. Aber ich habe nicht nur gelernt, ich hatte auch mal Freizeit und für Partys blieb auch Zeit.

"Gleich in die Sitzungsvertretung – das hat mir gut gefallen"

Und war von Anfang an klar, dass Sie in die Justiz gehen?

Nein, das hat sich erst so nach und nach ergeben, vor allem im Referendariat. Ich hatte das Gefühl, dass einem in der Justiz einfach viel zugetraut wird. Bei der Staatsanwaltschaft wird man gleich in die Sitzungsvertretung geschickt, obwohl man noch jung und in der Ausbildung ist. Das hat mir gut gefallen und dann war mir auch klar, ich bewerbe mich jetzt bei der Justiz.

In Bayern ist es üblich, dass man in der Probezeit zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft wechselt. Freuen Sie sich schon auf die Staatsanwaltschaft?

Auf jeden Fall. Ich habe ja auch meine Wahlstation bei der Staatsanwaltschaft gemacht. Und ich freue mich, dann auch Strafrecht zu machen.

Ist Staatsanwältin Ihr Traumberuf?

Mal sehen. Ich denke, ich werde mir jetzt erstmal die verschiedenen Bereiche angucken und ausprobieren, was am besten passt.

"Wir sind hier jetzt schon zwei junge Richterinnen"

Abgesehen von den vielen Interview-Anfragen – spielt es im Gerichtsalltag eine Rolle, dass Sie erst 25 sind?

Am Anfang habe ich mir schon Gedanken gemacht, ob das in der Verhandlung auffällt und vielleicht mal eine Bemerkung zu meinem Alter kommt. Aber das kam noch nie vor. Wenn man dann da oben in der Robe sitzt, ist das etwas Anderes. Da ist man dann doch auch eine Respektsperson.

Und was sagen Ihre Kollegen dazu? Fällt es auf, dass Sie jünger sind?

Anfang des Jahres hat gerade eine neue Kollegin angefangen, auch frisch aus dem Examen und auch in meinem Alter. Wir sind hier also schon zwei junge Richterinnen. Ansonsten ist es vom Alter her gemischt. Als jetzt diese Interview-Anfragen kamen, haben wir mal drüber gesprochen. Eine Kollegin sagte mir, dass sie auch 25 war, als sie angefangen hat, aber da gab es nicht so eine Welle. Ich glaube, es ist gar nichts Besonderes, dass man mit Mitte zwanzig auch in der Justiz anfängt.

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