Einloggen

Navigation

DJZ

Artikel ansehen

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 3. Zivilsenat, Beschluss vom 17.08.2020, 3 W 45/20
Hamburg - Entscheidung Hamburger Gerichte, 21.10.2020 21:37 - DJZ 20-295, 1406
Artikel-Bild
1. Ob das mit einer Abmahnung geltend gemachte und auf eine konkrete Werbung bezogene Unterlassungsbegehren alternativ auf verschiedene Irreführungsgesichtspunkte, die die Abmahnung beanstandet, gestützt ist oder ob Unterlassung kumulativ wegen aller in der Abmahnung erhobenen Beanstandungen begehrt wird, ist durch Auslegung zu ermitteln.2. Ergibt die Auslegung der Abmahnung, dass der Anspruchsteller die angegriffene Werbung kumulativ unter mehreren von ihm angeführten Irreführungsgesichtspunkten beanstandet, dann ist es Sache des Schuldners, die Wiederholungsgefahr in Bezug auf die angegriffene Werbeaussage unter allen angegriffenen Aspekten durch die Abgabe einer diese Aspekte erfassenden strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklä rung, die der Anspruchsteller dem Schuldner nicht vorgeben muss, zu beseitigen.3. Wird die Unterlassungsverpflichtungserklä rung in einem solchen Fall uneingeschränkt auf die konkrete Verletzungsform bezogen abgegeben, dann sind mangels einschränkender Erklärungen alle vom Anspruchsteller beanstandeten Irreführungsgesichtspunkte vom Kernbereich der Verpflichtungserklärung mit der Folge erfasst, dass eine spätere, nur wegen eines Teils der beanstandeten Irreführungsgesichtspunkte veränderte Werbung gegen die Unterlassungsverpflichtungserklä rung verstößt und einen Vertragsstrafeanspruch begründen kann.4. Kann der vom Schuldner abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklä rung im Kontext der dazu erläuternd abgegebenen Erklärungen des Schuldners entnommen werden, dass sie dem Unterlassungsbegehren des Anspruchstellers nur wegen eines Teils der von diesem beanstandeten Irreführungsgesichtspunkte entspricht, dann beseitigt die Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr wegen der von ihr nicht erfassten Aspekte auch dann nicht, wenn sie auf die konkrete Verletzungsform bezogen ist.5. Wird ein Arzneimittel unter Bezugnahme auf eine wissenschaftliche Studie damit beworben, dass es einem Wettbewerbspräparat hinsichtlich bestimmter Eigenschaften überlegen sei, dann geht der Fachverkehr mangels hinreichend deutlicher Hinweise auf das Studienergebnis einschränkende Umstände grundsätzlich davon aus, dass diese Überlegenheit durch die referenzierte Studie wissenschaftlich hinreichend gesichert belegt ist. Weisen die Studienautoren in der referenzierten Studie demgegenüber selbst darauf hin, dass die Studie sowohl wegen der Open-Label-Behandlung der Probanden als auch mit Blick auf den fehlenden Placebo-Arm und die kurze Studiendauer Limitationen aufweist, und wird dort zur fehlenden Verblindung der Studie ausdrücklich auf das dadurch entstehende Verzerrungspotential hingewiesen, dann wird der Fachverkehr allein durch den Hinweis: „Gezeigt in einer randomisierten, unverblindeten Crossover-Studie“ nicht im Sinne der BGH-Rechtsprechung „Basisinsulin mit Gewichtsvorteil“ (Fortführung BGH, Urt. v. 6. Februar 2013 - I ZR 62/11, GRUR 2013, 649) hinreichend deutlich über die Limitationen der Studie aufgeklärt und er wird über den Grad der Validität der beworbenen Studienergebnisse in die Irre geführt.

Weiterlesen

Quelle:
http://www.rechtsprechung-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?feed=bsha-r&st=ent&showdoccase=1¶mfromHL=true&doc.id=KORE230592020#focuspoint
Kommentare: 0 | Like - | Dislike - | In neuem Tab öffnen